Jeder kennt den melodiös-flötenden Amselgesang, der wohlklingend und in unglaublicher Vielfalt meist vom First der Dächer vorgetragen wird. „Die Amsel ist, mit den menschlichen Maßstäben von Melodik, Harmonik und Rhythmik gemessen, der musikalisch höchststehende Singvogel Mitteleuropas“, so schrieb 1953 der Komponist Tiessen in seinem Standardwerk „Musik der Natur“. Der zeitgenössische Komponist Messiaen widmete der Meistersängerin gar mit „Merle noir“ das erste und wohl bekannteste seiner Vogelstücke. Heute kaum vorstellbar, war die Amsel früher ein „scheuer Waldvogel“. Sie brütete nur in dichten, feuchten und unterholzreichen Wäldern mit offenen Stellen für die Nahrungssuche. Durch die Verstädterung und die regelmäßige Besiedlung von Gärten ab dem 18. Jahrhundert erweiterte die Amsel ihr Areal und nahm im Bestand zu – denn sie profitierte von den kurz und feucht gehaltenen Rasenflächen.
Heute fehlt sie daher in kaum einem Garten, gehört zu den häufigsten Brutvögeln und besiedelt fast alle Lebensräume. Die höchsten Siedlungsdichten mit mehr als 40 Brutpaaren pro 10 Hektar werden regelmäßig in durchgrünten Siedlungen und Parks, wie dem Frankfurter Palmengarten oder dem Hauptfriedhof Hanau, erreicht. In klimatisch begünstigten Städten können Amseln dreimal im Jahr brüten, manchmal sogar in milden Wintern.
Quelle: HGON 2010