Tier- und Pflanzenarten

Jedes Ökosystem hat ganz spezielle Artengemeinschaften (sogenannte Biozönosen), die durch viele Tier- und Pflanzenarten charakterisiert werden. Viele Arten (z.B. Amsel oder Brombeere) können an einer Vielzahl von Standorten vorkommen. Andere Arten widerum sind Spezialisten und brauchen ganz bestimmte Umweltbedingungen, um existieren zu können (z.B. Rohrdommel, Orchideen). Hier stellen wir Ihnen eine Vielfalt an Arten vor, die entweder häufig oder selten sind, aber alle in mindestens einem unserer vorgestellen "Naturpade"-gebiete anzutreffen sind.

Vielleicht entdecken Sie ja altbekannte oder auch neue Arten, von denen Sie zuvor noch nie gehört haben und nach denen Sie vielleicht mal die Augen bei einem kleinen Spaziergang offen halten möchten ... ?!

Artnamesort ascending Beschreibung Schutzstatus
Zippammer
Emberiza cia

Rund 15% des deutschen Gesamtbestandes der Zippammern brütet in den Weinbergshängen zwischen Rüdesheim und Lorchhausen. Über die Jahre blieb der Bestand hier stabil und in den letzten Jahren könnte es sogar zu einem kleinen Bestandszuwachs gekommen sein. Dies kann in Verbindung mit der Entbuschung südlicher Weinbergshänge im Mittelrheintal zu tun haben. Denn Zippammern benötigen zur Nahrungssuche offene Bereiche am Boden – am besten mit offenen Felspartien und alten Weinbergsmauern. Für die Elterntiere gibt es eine Mischkost aus Sämereien und Wirbellosen und für die Jungtiere kommt ausschließliche tierische Nahrung in den Schnabel. Zippammern haben typischerweise zwei Bruten im Jahr. Die erste wird in einem Bodennest groß gezogen, kann aber durch die Bearbeitung der Weinberge gefährdet sein. Die zweite Brut wird häufig in den Quirlen der belaubten Reben angelegt und kann durch das Hochbinden von Trieben und Spitzen in Mitleidenschaft gezogen werden. Neben der direkten Gefährdung der Nester ist aber vor allem die Aufgabe von Weinbergen, die dann verbuschen und keine offene Bodenstellen mehr vorweisen können, das größte Problem für die Tiere. Im 19. Jahrhundert waren die Tiere deshalb auch noch viel weiter in Deutschland verbreitet als heutzutage. Da sie allerdings eine wärmeliebende Art ist, könnte die Klimaerwärmung dazu beitragen, dass sie sich wieder weiter ausbreiten. Und in Rüdesheim legt man zum Glück sowieso großen Wert auf das Monitoring und den Schutz der örtlichen Population und sorgt für eine „zippammerfreundliche“ Weinbergsgestaltung.

Zilpzalp
Phylloscopus collybita
Auf Nahrungssuche. © M. Schäf

Der Zilpzalp, der anhand seines Gesangs sehr einfach zu erkennen ist, denn er sagt seinen Namen, fühlt sich in allen Regionen Hessen wohl und gehört zu den häufigsten Brutvögeln. Dabei ist er auch hinsichtlich der Höhenlage eines Gebietes nicht wählerisch. So kommen Zilpzalpe einerseits in den Tiefebenen vor, andererseits sind sie auch im Mittelgebirge anzutreffen und brüten dort erfolgreich. Eigentlich gehören Zilpzalpe zu den Zugvögeln, die im Herbst/Winter ihre Brutgebiete für wärmere, südliche Orte verlassen, doch war in den letzten Jahren häufiger zu beobachten, dass auch Tiere noch bis in den Januar bei uns vorkamen. Es könnte sich hier also um eine Umstellung von Zugvogel auf Teilzieher darstellen – also, dass eine Vogelart aus einer Teilzieher- und einer Standvogelpopulation besteht. Durch die milder gewordenen Winter könnte der Zilpzalp demnach ein sogenannter Klimagewinner sein, denn ihm scheinen die wärmer werdenden Temperaturen eher wenig auszumachen, so dass er auch in Folgejahren nicht mit Bestandeinbrüchen zu rechnen haben wird.

Zaunammer
Emberiza cirlus

Ähnlich wie die Zippammer mag auch die Zaunammer sonnenexponierte, warme, trockene Weinberge. In direkten Nachbarhabitaten, wie zum Beispiel Obst- und Nutzgärten, singt sie von Bäumen herab. Sie erinnert dabei etwas an die Klappergrasmücke. Außerdem wird der Boden in der Nachbarschaft nach Nahrung. In Hessen sind Zaunammern seit etwa 1800 anzutreffen und damit gehören die hessischen Populationen zu den nördlichsten Verbreitungsgebieten. Je nach Härte des Winters verlassen die hier zurückgebliebenen Männchen die hiesigen Gebiete oder besiedeln sie neu, denn warme Winter begünstigen die Ausbreitung dieser Art in Richtung Norden.

Wolfsmilchschwärmer
Hyles euphorbiae
Wolfsmilchschwärmer. © C. Jung
​Wolfsmilchpflanzen sind vor allem auf kargen, trockenen Böden anzutreffen, so dass man auch nur dort den Wolfsmilchschwärmer finden kann. Die auffallend bunte Raupe nimmt die Giftstoffe ihrer Nahrungspflanzen in sich auf, die schrille Färbung ist also eine Warntracht. Der nachtaktive Falter besitzt leuchtend rötliche Hinterflügel, die er jedoch nur zur Abschreckung aufblitzen lässt - im Ruhezustand sind sie von den Vorderflügeln verdeckt. Das Vorkommen des Wolfsmilchschwärmers auf dem Griesheimer Sand zählt zu den größten in Hessen.
Wintergoldhähnchen
Regulus regulus
Wintergoldhähnchen. © M. Schäf
Mit nur etwa 5 Gramm Gewicht und 9 Zentimeter Körperlänge ist das Wintergoldhähnchen unser kleinster Singvogel, der bei uns als Standvogel das ganze Jahr anzutreffen ist. Wie kaum eine andere Brutvogelart ist das Wintergoldhähnchen stark an Bestände der Fichte gebunden, auf deren Zweigen es ständig in Bewegung ist und Äste entlang hüpft, um dort nach kleinen Beutetieren zu suchen. Der englische Name „Goldcrest“ verweist auf die leuchtend goldene Haube, die bei den Männchen neben gelben auch aus orangenen Federn besteht.
k.A.
Wiesen-Schafstelze
Motacilla flava flava
Wiesenschafstelze (Motacilla f. flava). © M. Schäf

Die Wiesenschafstelze galt bis vor wenigen Jahren als Un­terart der Schafstelze. Neuerdings wird sie aufgrund der schmalen Hybridzonen zu den angrenzenden Formen als eigene Art eingestuft. Ihre Bestandsentwicklung verlief ungewöhnlich: Als Feuchtwiesenbewohnerin nahm sie im 20. Jahrhundert infolge der Ausweitung der Grünlandwirt­schaft zunächst deutlich zu. Ab 1950 setzte jedoch – ausgelöst durch großräumige Trockenlegung und Nutzungsintensivierung – ein dramatischer Bestandsrückgang ein. Wieder stark zunehmen konnte sie seither jedoch auf intensiv ge­nutzten, strukturlosen Ackerflächen. Sie ist damit die einzige Wiesenvogelart, die von der Ansiedlung auf Äckern langfris­tig profitieren konnte.

In Hessen war die Wiesenschafstelze in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein in den Niederungen weitverbreite­ter Brutvogel der „saftigen Wiesen oder Weiden“, bis in den 1970er Jahren starke Einbrüche und 1994 nur noch 11 % des Vorkommens verzeichnet wurden. Inzwischen gibt es auf Grünland keine nennenswerten Vorkommen mehr. Ackerbru­ten, die schon ab 1933 festgestellt wurden, nahmen hingegen ab Mitte der 1970er Jahre zu. Mittlerweile sind die unterhalb von etwa 250 Meter über NN gelegenen, großräumigen Ackerlandschaften dicht besiedelt. 

Wendehals
Jynx torquilla

Obwohl Wendehälse zu den Spechten gehören, gehen sie nicht der typischen Spechtaktivität, dem Baumhöhlen bauen, nach. Stattdessen nutzen sie schon existierende Specht- und Baumhöhlen und auch Nistkästen werden nicht ungern von ihnen genutzt. Sollten einmal zu wenig Bruthöhlen vorhanden sein, können Wendehälse auch ziemlich grob werden und schon besetzte Höhlen leeren. Sie werfen dann Eier und Küken aus den Nestern, um diese für ihre eigene Brut zu nutzen. Ihre Nahrung suchen sie dann, ähnlich wie der Grünspecht, in lückiger Vegetation am Boden. Dort stöbern sie nach Ameisen, bzw. Ameisenpuppen. Sollte ihnen bei der Jagd oder am Nest einmal ein möglicher Feind zu nahe kommen, fangen sie an ihrem Namen alle Ehre zu machen und drehen ihren Kopf mit lautem Zischen in alle Richtungen. Die sogenannte „Schlangenmimikry“ soll den Gegner verschrecken und verjagen.

Weißstorch
Ciconia ciconia

Früher war der Weißstorch in Hessen fast ausgestorben. Erfreulicherweise haben sich die Bestände seit Mitte der 1990er Jahre wieder erholt, so dass heute etwa 150 Paare in Hessen brüten. Verbreitungsschwerpunkte sind dabei das Hessische Ried und die Wetterau. Neben intensiven Bemühungen zum Schutz der Lebensräume wurden gezielt Artenhilfsmaßnahmen durchgeführt, wie die Entschärfung gefährlicher Strommasten und das Aufstellen von Storchenplattformen. Ganz entscheidend für die positive Entwicklung des Weißstorchs in Hessen war aber auch die Verkürzung der Zugwege westziehender Störche, denn ein Großteil von ihnen überwintert nicht mehr in Westafrika, sondern in Spanien. Dadurch ist die Rückkehrrate unserer Störche höher. Im Bingenheimer Ried wurden die ersten Storchenplattformen schon 1976 aufgestellt. 1993 hat der erste Storch wieder im Ried gebrütet, heute sind es sieben Paare. Jedes Jahre werden die Horste per Hubsteiger kontrolliert und die Küken beringt. So weiß man im nächsten Jahr, ob eines der hier geschlüpften Küken ins Gebiet zurückkehrt und erfolgreich brütet.

Weißstorch
Ciconia ciconia
Ein Päärchen auf einer Nistplattform. © M. Schäf
Nach über 30 Jahren Abwesenheit, brüten mittlerweile wieder etwa 10 Brutpaare in den Grünlandbereichen des Amöneburger Beckens; unweit der Radenhäuser Lache und der Baggerteiche bei Niederwald. Man hat erkannt, dass es unter anderem an geeigneten Nistmöglichkeiten fehlt un ddaher zahlreiche Nistplattformen errichtet, die sehr gut angenommen werden.
Weinhähnchen
Oecanthus pellucens
Weinhähnchen. @ wikimedia Hectonichus

Diese auch Blütengrille genannte Art kam nördlich der Alpen bis vor wenigen Jahren nur in den wärmsten Bereichen vor, die oft zum Weinanbau genutzt wurden. Infolge der Klimaerwärmung breitet sich die kleine Art jedoch mittlerweile deutlich aus, so dass sie an vielen Stellen im Rhein-Main-Gebiet durch ihren einprägsamen abendlichen Gesang Urlaubsstimmung verbreitet. Der wärmebegünstigte Griesheimer Sand zählt allerdings zum Stammlebensraum der Art. Auch das helle, schmale Weinhähnchen fühlt sich von August bis Oktober an warmen Orten mit hohen Pflanzen oder relativ dichtem Gebüsch sehr wohl. Darin versteckt sich dieser zu den Grillen gehörende Musiker gerne und bevorzugt nicht wie die Italienische Schönschrecke karge Gebiete. Das Weinhähnchen zirpt (striduliert), indem es seinen langen rechten Flügel über den linken streicht und erinnert damit vielleicht den ein oder anderen Mittelmeerliebhaber an laue Sommernächte in Spanien, Portugal oder Italien, denn dort ist es für die klassische Geräuschkulisse in der Nacht zuständig.

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