Tier- und Pflanzenarten

Jedes Ökosystem hat ganz spezielle Artengemeinschaften (sogenannte Biozönosen), die durch viele Tier- und Pflanzenarten charakterisiert werden. Viele Arten (z.B. Amsel oder Brombeere) können an einer Vielzahl von Standorten vorkommen. Andere Arten widerum sind Spezialisten und brauchen ganz bestimmte Umweltbedingungen, um existieren zu können (z.B. Rohrdommel, Orchideen). Hier stellen wir Ihnen eine Vielfalt an Arten vor, die entweder häufig oder selten sind, aber alle in mindestens einem unserer vorgestellen "Naturpade"-gebiete anzutreffen sind.

Vielleicht entdecken Sie ja altbekannte oder auch neue Arten, von denen Sie zuvor noch nie gehört haben und nach denen Sie vielleicht mal die Augen bei einem kleinen Spaziergang offen halten möchten ... ?!

Artnamesort ascending Beschreibung Schutzstatus
Weidenmeise
Parus montanus

Die seltenste der „echten“ Meisenarten ist die Weidenmeise. Sie tritt als einzige nicht flächendeckend in Hessen auf und ist heutzutage sogar seltener als die Haubenmeise, welche noch zu Beginn der 2000er Jahre als die seltenste Meisenart beschrieben wurde. Die Weidenmeise scheint bei der Nistplatzwahl auch anspruchsvoller zu sein, denn im Gegensetz zu den anderen Meisen brütet sie nur sehr selten in Nistkästen. Stattdessen bevorzugt sie feuchte Auwälder und Weichholzbestände, oder totholzreiche Laub- und Mischwälder in denen sie ihre Bruthöhlen eigenständig in die weichen Hölzer zimmert. Mancherorts kommt sie aber auch in städtischen Regionen vor, und zwar dort, wo ihre Zwillingsart, die Sumpfmeise, fehlt. Beide Arten gleichen sich einander sehr, allerdings unterscheiden sie sich im Gesang und im Gegensatz zur Sumpfmeise besitzt die Weidenmeise keinen weißen Schnabelgrund.

Wanderfalke
Falco peregrinus

Der schnellste Vogel im Sturzflug ist der Wanderfalke. Die Angaben zu seinen Spitzengeschwindigkeiten reichen von 140km/h bis zu 340km/h. Gepaart mit seiner Wendigkeit ist es für ihn ein leichtes, Beute von der Größe eines Finks bis zur Pfeifente zu ergreifen. Deshalb wurden die Tiere auch schon im Mittelalter gehalten und zur Jagd abgerichtet. Aufgrund des Einsatzes von DDT zur Insektenvernichtung hatten diese Vögel in 1950er bis 1970er Jahren allerdings mit erheblichen Bestandseinbußen zu kämpfen. Da sie Räuber sind und damit weit oben in der Nahrungskette stehen, reicherte sich das fettlösliche DDT im Körper der Altvögel an. Die Auswirkungen waren tragisch, denn durch die Giftstoffe wurde der Zustand der Eischalen beeinflusst. Sie wurden so weich und brüchig, dass sie unter dem Gewicht der brütenden Tiere zerbrachen. Durch das Verbot dieses Insektizids konnten sich die Vögel aber glücklicherweise wieder erholen und finden neben ihren früheren Nistmöglichkeiten heutzutage auch neue Habitate in urbanen Gebieten, die sie gerne besetzen.

Waldwasserläufer
Tringa ochropus

Es gibt nur wenig sichere Brutnachweise des Waldwasserläufers in Hessen: um etwa 1900 und in den 1930er Jahren. Da es aus den letzten Jahren keine Bruthinweise gibt, gilt die Art bei uns als ausgestorben. Im Gegensatz zu anderen Watvögeln brütet der Waldwasserläufer in feuchten Bruch- und Auwäldern. Sein Nest baut er meist in alten Drosselnestern. Das Weibchen legt drei bis vier Eier und überlässt dann oft dem Männchen einen Großteil des Brütens und verlässt es manchmal schon vor dem Schlupf der Jungen. Ab Mitte Juni können so die ersten wegziehenden (weiblichen) Waldwasserläufer in Nord- und Osthessen beobachtet werden. Das Brutgebiet in Deutschland beschränkt sich vor allem auf den Nordosten, breitet sich jedoch scheinbar langsam nach Westen aus. Daher sollte in vernässten Waldgebieten im April auf balzende Waldwasserläufer und im Mai auf anhaltend warnende Tiere geachtet werden.

Waldschnepfe
Scolopax rusticola
Als einzige Watvogelart brütet die Waldschnepfe – daher rührt auch ihr Name – in unterholzreichen Wäldern mit feuchten Bereichen und nicht in unmittelbarer Gewässernähe. Dennoch lässt sich schwerlich eine Aussage über die genaue Anzahl der Brutvorkommen treffen, da in der Dämmerung stattfindende Balzrituale vielerorts auch von nordischen Durchzüglern gezeigt werden, die aus Norwegen und dem mittleren Russland stammen. Nichtsdestotrotz konnte festgestellt werden, dass die Waldschnepfe eine durchaus verbreitete Vogelart in Hessen ist. Schätzungen ergaben einen Gesamtbestand von 2000 – 5000 Paaren. Aufgrund der Waldarmut in der Wetterau und im Rhein-Main-Gebiet ist sie in diesen Gebieten aber nur sehr schwach bis gar nicht vertreten.
Wald-Kiefer
Pinus sylvestris

Die Wald-Kiefer ist der Alleskönner unter den heimischen Baumarten. Von trockenen Sandböden bis zu nassen Hochmooren, von Meereshöhe bis in die Nadelwälder der Alpen – Kiefern schlüpfen überall dort in die freie Nische, wo andere Baumarten „ins Schwächeln kommen“. Zwar ist sie aufgrund ihres hohen Bedarfs an Licht in der Jugend eher konkurrenzschwach, macht das jedoch durch eine beeindruckende Anpassungsfähigkeit wett. So kommt es, dass Pinus sylvestris in zahlreichen lokalen Unterarten und Varietäten fast den gesamten Eurasischen Kontinent besiedelt. In Hessen wurde die Wald-Kiefer vielerorts (auch außerhalb ihrer natürlichen Wuchsorte) angepflanzt und forstlich gefördert, da sie auch auf mageren und trockenen Böden verhältnismäßig gute Holzerträge liefert. Deshalb ist dieser Baum mit seiner nadelbaumuntypischen, schirmförmigen Krone und seiner rostfarbenen Rinde heute die bestimmende Art der meisten Wälder auf den sandigen Böden im Süden Hessens.

Wachtel
Coturnix coturnix
In ihrem Habitat. Die Wachtel. © M. Schäf

Die Wachtel lebt sehr versteckt in unserer Agrarlandschaft und ist durch ihr erdig-braun-gestricheltes Gefieder dort bestens getarnt. Meist ist sie nur nachts während der Brutzeit zu hören, die schnellen Balzrufe „pickewick“ nennt man auch Wachtelschlag. Sie besiedelt nicht nur Getreide- oder Hackfruchtäcker, sondern auch mageres Grünland, solang sie ausreichend Deckung findet. In Hessen kommt sie vor allem in den Mittelgebirgslagen mit einem hohen Anteil an Offenland vor, zum Beispiel im Vogelsberg oder in der Rhön. Der Wachtelbestand schwankt stark – und charakteristisch – manchmal sogar bis um den Faktor 10. Alle paar Jahren kommt es zu so genannten „Wachteljahren“, in denen starke Einflüge des kleinen Hühnervogels verzeichnet werden. 

Wacholderdrossel
Turdus pilaris

Die Wacholderdrossel ist eine unserer farbenfrohesten Drosseln: An ihrem rotbraunen Mantel, dem grauen Kopf und Bürzel und der ockergelben Brust ist sie gut zu erkennen. Die Nester werden oft in Obstbäumen oder in bachbegleitenden Gehölzen angelegt. Im Herbst finden wir sie oft truppweise in der Nähe beerentragender Gehölze oder Streuobstwiesen. Daher wurde sie auch „Krammetsvogel“ genannt, da sie die sogenannten Krammets- oder Wacholderbeeren frisst.
Früher war die Wacholderdrossel in Osteuropa verbreitet und hat sich nach Westeuropa und Hessen ausgebreitet. Erste Bruten gab es bei uns um 1850. Etwa hundert Jahre später lag ihre Verbreitungsgrenze auf der Linie Korbach, Gießen und Gelnhausen, wobei der Süden und Westen noch nicht besiedelt waren. Heute kommt sie in ganz Hessen vor. Die höchsten Dichten finden sich im Nordosten, besonders in Rhön und Vogelsberg. Diese Bereiche bieten offensichtlich mit ihren halboffenen Landschaften und hohem Grünlandanteil gute Bedingungen. Begünstigt wurde die westliche Ausbreitung wohl auch durch die Erschließung von Siedlungsbereichen und die Einstellung der Jagd. Denn in Hessen wurde die damals nur als herbstlicher Durchzügler bekannte Art bis etwa 1920 in „Vogelherden“ zu Nahrungszwecken gefangen. Als Koloniebrüter kann sich die Wacholderdrossel sehr erfolgreich gegen Feinde zur Wehr setzten, indem sie mit anderen Mitgliedern gemeinsam gegen diese hassen, heftige Attacken fliegen und auch gezielt mit Kot spritzen.

 

Uhu
Bubo bubo
Auch im Winter bei uns. © S. Rösner (c)

Der Uhu ist unsere größte Eule – gut zu erkennen an den leuchtend orangenen Augen und den langen Federohren. Mit seinen kräftigen Krallen kann er Säugetiere und Vögel bis zu einer Größe von Feldhase oder sogar Mäusebussard erbeuten. Daher wurde er als Jagdschädling ab Mitte des 19. Jahrhunderts intensiv verfolgt und war bis etwa 1940 in weiten Teilen Mitteleuropas ausgerottet – auch in Hessen gab es von 1915 bis 1977 keine wildlebenden Uhus – obwohl sie zuvor fast flächendeckend verbreitet waren. Ab den 1960er Jahren wurden Uhus unter Schutz gestellt, ihre verbliebenen Brutplätze bewacht und wiederangesiedelt. Neben ihren ursprünglichen Lebensräumen, wie große, natürliche Felsen oder Steinbrüche, leben sie mittlerweile auch an Sandgruben, brüten in Bäumen entlang der rheinischen Auwälder oder sogar an Gebäuden. Heute leben etwa 200 Paare in Hessen. 

Uferschwalbe
Riparia riparia
Uferschwalbe (<em>Riparia riparia</em>), © S. Rösner

Bei uns ist die Uferschwalbe nur im Sommerhalbjahr zu beobachten, denn den Winter verbringt sie in Westafrika. Ihr Gefieder ist oberseits graubraun und auf der Bauchseite weiß mit einem dunklen Brustband. Die Uferschwalbe ist ein Koloniebrüter und gräbt meterlange, waagerechte Brutröhren in sandige Steilufer mit frischen Erdabbrüchen. Durch den Ausbau der Fließgewässer fielen die Prallhänge und damit auch ihre Brutplätze weg. Daher finden wir sie seit Jahrzehnten nur noch in Sand- oder Kiesgruben, denn hier schaffen Bagger und Förderbänder die benötigten Steilwände. Damit wird die Uferschwalbe auch zu einem guten Beispiel für die Bedeutung von Sekundärlebensräumen, wenn die Primärhabitate nicht mehr existieren. So kommt gleichzeitig den Betreibern der Sand- und Kiesgruben eine hohe Verantwortung im Artenschutz zu.

Langfristig betrachtet ist ihr Bestand deutlich zurückgegangen. In Nordhessen besiedelt etwa die Hälfte der hessischen Population den Unterlauf der Eder mit anschließender Fulda. Dem Schwalm-Eder-Kreis kommt dabei die größte Bedeutung zu. 1980 wurde sogar eine der größten Binnenlandkolonien dort festgestellt – 1200 Brutröhren! 

Turmfalke
Falco tinnunculus
Turmfalke auf Sitzwarte. © S. Rösner
Der Turmfalke ist tatsächlich ein echter Brutvogel in zahlreichen hessischen (Kirch-)Türmen, hat aber zum Teil die größeren Türme der Städte geräumt und brütet nun auch in der umgebenden Feldlandschaft. Er benötigt einen hohen Anteil von Grünland mit Mäusebeständen. Hier „rüttelt“ der Falke, um nach Nahrung Ausschau zu halten, die er dann schnell im Sturzflug erbeutet. Dank ihrer UV-Sichtigkeit können die Falken den Mäuse-Urin in den Laufgängen der Felder sehen und rütteln so nur dort, wo es auch ausreichend Beute gibt.

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