Tier- und Pflanzenarten

Jedes Ökosystem hat ganz spezielle Artengemeinschaften (sogenannte Biozönosen), die durch viele Tier- und Pflanzenarten charakterisiert werden. Viele Arten (z.B. Amsel oder Brombeere) können an einer Vielzahl von Standorten vorkommen. Andere Arten widerum sind Spezialisten und brauchen ganz bestimmte Umweltbedingungen, um existieren zu können (z.B. Rohrdommel, Orchideen). Hier stellen wir Ihnen eine Vielfalt an Arten vor, die entweder häufig oder selten sind, aber alle in mindestens einem unserer vorgestellen "Naturpade"-gebiete anzutreffen sind.

Vielleicht entdecken Sie ja altbekannte oder auch neue Arten, von denen Sie zuvor noch nie gehört haben und nach denen Sie vielleicht mal die Augen bei einem kleinen Spaziergang offen halten möchten ... ?!

Artnamesort ascending Beschreibung Schutzstatus
Birkhuhn
Tetrao tetrix

Das überwiegend schwarze, bisweilen purpurglänzende Gefieder mit den dunklen roten „Augenbrauen“ ist bei den männlichen Birkhühnern besonders auffällig. Allerdings sind diese Tiere kaum zu sichten, da ihre Lebensräume sich stark verändert haben. Um gut durch das Jahr zu kommen, benötigen sie Areale mit kleinräumigen Strukturen, die Gebüsche und Einzelbäume als Deckung und Ansitzwarten beinhalten, sowie Zwergsträucher und ausgedehnte Krautschichten als Nahrungsquelle. Um ihr Gefieder zu reinigen brauchen sie außerdem offene Stellen zum Sandbaden. Im Biosphärenreservat Rhön wurden in den letzten Jahren umfangreiche Artschutzmaßnahmen durchgeführt, in der Hoffnung, dass sich die Bestände bald erholen. Dann wären die eindrucksvollen Balzkämpfe der Birkhähne wieder zu beobachten, wobei sie die Flügel nach außen abspreizen und den Schwanz anheben, so dass die weiße Schwanzunterseite zu sehen ist, gleichzeitig ist ihr knurrend-blubbernder „Kampfschrei“ zu vernehmen.

Birkenzeisig
Carduelis flammea

1980 brütete der erste Birkenzeisig in Osthessen – damit begann eine der interessantesten Ansiedlungsgeschichten der hessischen Vogelwelt. In den 1980er Jahren folgten Bruten in Marburg, Kassel, Frankfurt, Darmstadt, im Lahn-Dill-Kreis und Taunus, so dass weite Teile Nord- und Mittelhessens besiedelt waren. Südlich des Mains fehlt die Art allerdings fast vollständig.

Als Brutplätze dienen lockere Bepflanzungen von Nadelbäumen, viele Birken, kurzgeschorene Rasen und offene Flächen in Ortslagen – damit ähneln die Lebensräume den lichten, subalpinen Nadelwäldern, Hochmooren und Heideflächen. Durch die Zunahme großflächiger Nadelholzaufforstungen in Großbritannien und die Ausbreitung in den Hochlagen der Mittelgebirge im östlichen Mitteleuropa wurde Hessen wahrscheinlich aus zwei Richtungen besiedelt. Gut zu erkennen ist der Birkenzeisig an seinem „feuerroten“ Vorderscheitel, der auch zum Artnamen flammea geführt hat. Bei uns kommt die Unterart cabaret vor – diese „Alpenbirkenzeisige“ sind etwas kleiner und dunkler als die „Taigabirkenzeisige“ aus Fennoskandinavien.

Literatur: Svensson 2011, HGON 2010, Wember (2007): Die Namen der Vögel Europas

Beutelmeise
Remix pendulina
Beutelmeise am Nest. © M. Hoffmann

Die kunstvoll geflochtenen Nester in Form eines Beutels hängen meist in Weiden und Pappeln. Obwohl die Beutelmeise in lang herabhängenden Zweigen von Laubbäumen an Flüssen und Seen oder in buschreichen Sumpfgebieten brütet, kann sie auf dem Zug auch in anderen Lebensräumen angetroffen werden. Sogar in einem Maisfeld, wie unser Beringungsprojekt mit der Uni Gießen zur Herbstzugzeit gezeigt hat. In Hessen ist die Beutelmeise ein Sommervogel und überwintert in Südeuropa. Verbreitungszentren bei uns sind der Nordteil des Hessischen Rieds, die Wetterau und die Westhessische Senke im Schwalm-Eder-Kreis. Bei uns kommen etwa 70 bis 120 Brutpaare vor. Übrigens gehört die Beutelmeise nicht zu den „echten“ Meisen, sondern wird in eine eigene Familie gestellt. Das hängt auch mit ihrer abweichenden Brutbiologie zusammen: Die Männchen bauen an mehreren Nestern, aber nur das vom Weibchen gewählte wird fertiggestellt. Diese Brutnester sind an ihrer ausgebauten Einschlupfröhre zu erkennen.

Literatur: Svensson 2011, HGON 2010

Bergpieper
Anthus spinoletta
Bergpieper. © M. Schäf

Den englischen Namen Water Pipit (Wasserpieper) verdankt der Bergpieper der früheren Arteinteilung nach der er zusammen mit dem Strandpieper zu einer Art gezählt wurde – dem Wasserpieper. Vor etwa 20 Jahren dann wurden Berg- und Strandpieper als zwei eigenständige Arten anerkannt. Im Gegensatz zum Strandpieper, der vorwiegend an den felsigen Küsten Nordeuropas zu finden ist, bevorzugt der Bergpieper die Gebirgsregionen Mittel- und Südeuropas zum Brüten. In Hessen werden sie vor allem während des Durchzuges und beim Überwintern festgestellt. Dafür halten sie sich vermehrt in Feuchtgebieten auf. Ein Brutnachweis gelang in Hessen schon seit den 1980er Jahren nicht mehr. Doch sollte sich ein Vogel noch im Mai oder Frühsommer in den hessischen Mittelgebirgen aufhalten, könnte dies zumindest einen Brutversuch darstellen.

Bekassine
Gallinago gallinago

Ähnlich wie das Braunkehlchen bevorzugt die Bekassine Feuchtwiesen mit  geringem Bodenbewuchs zum Brüten und zur Nahrungssuche. Durch den Verlust solcher Habitate, stark zunehmender Prädation und die intensive Bejagung der Art in Frankreich sinkt der Bestand der Bekassine allerdings in ganz Mitteleuropa. Nur durch die Anlage und Betreuung von Feuchtflächen in der hessischen Wetterau findet der Großteil des deutschen Bestandes geeignete  Brutflächen. Dort ist auch der beeindruckende Reviersturzflug der Tiere im Frühjahr zu beobachten. Beim Sturz in Richtung Boden bringt der „Fahrtwind“ die äußeren Schwanzfedern so stark zum Vibrieren, dass ein meckerndes Geräusch, ähnlich einer Ziege, entsteht, weshalb die Bekassine auch den Beinamen „Himmelsziege“ inne hat.

Baumpieper
Anthus trivialis
Auch mal auf dem Boden zu sehen. © M. Schäf

Als Bewohner halboffener Landschaften bevorzugt der Baumpieper sonnige Waldränder, lichte Laub- und Kiefernwälder oder auch Kahlschläge. Seit den 1980er Jahren nimmt der früher häufige und verbreitete Pieper in Hessen ab. Ursachen hierfür sind vermutlich zu hohe Nährstoffanreicherungen in den Brutgebieten, wodurch die halboffenen Lebensräume zuwachsen. Die charakteristischen Singflüge der Männchen sind in Hessen somit leider nicht mehr in allen Landesteilen zu bewundern.

Baumfalke
Falco subbuteo

Baumfalken gehören wie alle Falken zu Nestrecyclern. Das heißt, sie benutzen alte, verlassene Nester vor allem von Krähen. Da in den 1960er/70er Jahren viele Krähennester entfernt wurden, fanden auch die Baumfalken weniger Nistmöglichkeiten und der Bestand verringerte sich. Zum Glück findet er heute aber wieder alte Nester. Da einige davon in Stadtnähe auf Hochspannungsmasten zu finden sind, konnte er nach und nach auch urbanere Gebiete erobern. Neben der Nestverfügbarkeit ist aber vor allem das Vorhandensein großer Schwalbenkolonien oder vieler Großinsekten, wie Maikäfern oder Libellen, ausschlaggebend für das Vorkommen von Baumfalken. Seine Beute schlägt er in einem atemberaubenden, wendigen Sturzflug, Insekten werden danach während des Gleitflugs gefressen. Zu erkennen ist der begabte Kleinvogeljäger, wenn er erwachsen ist, an seinem rötlichen Gefieder an den Beinen – auch Hosen genannt.

Bärlauch
Allium ursinum

Bärlauch (Allium ursinum) neben Wanderweg in der Kühkopfaue. Ein eine Pflanzenart aus der Gattung Allium und somit verwandt mit Schnittlauch, Zwiebel und Knoblauch. Die in Europa und Teilen Asiens vor allem in Wäldern verbreitete und häufige, früh im Jahr austreibende Pflanzenart ist ein geschätztes Wildgemüse und wird vielfach gesammelt.

Bachstelze
Motacilla alba

Bachstelzen fallen neben ihrer grau-weiß strukturierten Färbung auch durch ihr häufiges Schwanzwippen auf. Warum sie das tun – das weiß noch niemand so genau, aber es gibt Vermutungen. Einerseits glaubt man, das Schwanzwippen diene der Kommunikation. Da allerdings auch Individuen mit dem Schwanz rucken ohne in Gesellschaft anderer Artgenossen zu sein, geht man davon aus, dass diese Bewegung auch eine andere Funktion erfüllt. Vielleicht hilft es dabei, kleine Insekten vom Boden in niedriger, lückiger Vegetation aufzuscheuchen, damit diese einfacher zu finden sind und gefressen werden können. Entgegen ihres Namens hält sich aber die Bachstelze zur Nahrungs- und Brutplatzsuche nicht nur in der Nähe von Bächen auf. Sie ist außerdem in verschiedensten Offenlandtypen zu finden, sobald dort eine Wasserfläche vorhanden ist. Anders als andere Offenlandarten blieb ihr Bestand über viele Jahre konstant, doch vermehren sich Meldungen über Bestandsrückgänge in Deutschland. Und das, obwohl sie zum Brüten nur kleine Nischen benötigt, die überall, außer in geschlossenen Wäldern sein können.

Amsel
Turdus merula
Amselhahn. © S. Rösner

Jeder kennt den melodiös-flötenden Amselgesang, der wohlklingend und in unglaublicher Vielfalt meist vom First der Dächer vorgetragen wird. „Die Amsel ist, mit den menschlichen Maßstäben von Melodik, Harmonik und Rhythmik gemessen, der musikalisch höchststehende Singvogel Mitteleuropas“, so schrieb 1953 der Komponist Tiessen in seinem Standardwerk „Musik der Natur“. Der zeitgenössische Komponist Messiaen widmete der Meistersängerin gar mit „Merle noir“ das erste und wohl bekannteste seiner Vogelstücke. Heute kaum vorstellbar, war die Amsel früher ein „scheuer Waldvogel“. Sie brütete nur in dichten, feuchten und unterholzreichen Wäldern mit offenen Stellen für die Nahrungssuche. Durch die Verstädterung und die regelmäßige Besiedlung von Gärten ab dem 18. Jahrhun­dert erweiterte die Amsel ihr Areal und nahm im Bestand zu – denn sie profitierte von den kurz und feucht gehaltenen Rasenflächen.

Heute fehlt sie daher in kaum einem Gar­ten, gehört zu den häufigsten Brutvögeln und besiedelt fast alle Lebensräume. Die höchsten Siedlungsdichten mit mehr als 40 Brutpaaren pro 10 Hektar werden regelmä­ßig in durchgrünten Siedlungen und Parks, wie dem Frankfur­ter Palmengarten oder dem Hauptfriedhof Hanau, erreicht. In klimatisch begünstigten Städten können Amseln dreimal im Jahr brüten, manchmal sogar in milden Wintern.

Quelle: HGON 2010

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